Warum
die Wiederkunft heute kein Thema ist
"
‘Weltkirchenrat gespalten wegen der Frage der Wiederkehr
Christi. Findet es unmöglich, sich zu einigen’
Dies
war keine erdachte Schlagzeile. Sie stand fettgedruckt
auf der ersten Seite der Chicago Daily Tribune vom 26.
August 1954.
Der Bericht war geschrieben nach der Eröffnungssitzung
des Weltkirchenrats in Evanston, Illinois, einer Versammlung
von Angehörigen von 163 christlichen Glaubensrichtungen
aus 48 Ländern.
Chesly Manly, der Autor des Artikels, beginnt mit dem
Satz: ‘Unter den Abgeordneten der zweiten Versammlung
des Weltkirchenrats kam es gestern zu scharfen Auseinandersetzungen
darüber, ob sich die Hoffnung der Christen auf die
Errichtung des Reiches Gottes in dieser Welt jetzt oder
erst nach dem zweiten Kommen Christi erfüllen könne.’
Im
Jahre 1954 nach Christi Geburt bestand noch immer keine
Einigkeit unter Christi Nachfolgern, ob Er wirklich versprochen
habe, jemals wiederzukommen.
George Goyder, Abgeordneter der Church of England, ‘beschämte’,
so stand in der Zeitung, ‘die hervorragenden Theologen
und Geistlichen, die den Tagungsbericht geschrieben hatten,
indem er sagte, sie stünden „dem zweiten Kommen
Christi gleichgültig gegenüber".
‘Der Artikel spricht von „Neugier über
das Datum Seines Kommens’, sagte der englische Delegierte.
‘Was wir brauchen, ist eine neue Unabhängigkeitserklärung
zugunsten Christi. Niemals in der Geschichte gab es solches
Chaos, solche Verwirrung und Verzweiflung in der Welt.’
Es
gab sogar eine geistige Spaltung zwischen einigen führenden
Christen von Europa und den Vereinigten Staaten. Die Zeitschrift
Time schrieb in ihrer Ausgabe vom 19. April: ‘Das
"Hauptthema" der Versammlung, das die Abgeordneten
in der ersten Woche gemeinsam erörtern wollen, klingt
unverfänglich: Christus - die Hoffnung der Welt.
Aber es birgt eine Frage, die, ehe sie beantwortet ist,
eine dramatische Trennungslinie zwischen den Theologen
der Alten und der Neuen Welt ziehen kann: Wieviel von
der christlichen Hoffnung hängt von dem zweiten Kommen
Christi ab?’
Der
Artikel zitiert den bekannten norwegischen Bischof Eivind
Berggrav, der sagte: ‘Die Ansicht der amerikanischen
Christenheit sieht oft ... ziemlich irdisch aus, wenn
sie erwartet, daß sich das Reich Gottes hier auf
Erden verwirklicht - man könnte fast sagen, sie erwartet
dies in den Vereinigten Staaten.’
Der Artikel fügt hinzu, daß für europäische
Protestanten wie Bischof Berggrav ‘die christliche
Hoffnung mehr zu der biblischen Erwartung neigt, daß
Christus eines Tages wiederkommen werde, um das irdische
Werk zu vollenden’.
H. H. Rowley sagt in The Relevance of Apocalyptic: ‘...
die Hoffnung auf die Wiederkunft (Christi) gehört
ganz zum neutestamentlichen Denken’.
O. Cullmann schreibt in The Return of Christ According
to the New Testament: ‘... Die Hoffnung (auf die
Wiederkunft) zurückzuweisen heißt, die Erlösungsbotschaft
des Neuen Testamentes Lügen zu strafen.’
A. J. Gordon behauptet: ‘Jede Lehre von der Auferstehung,
die von der Wiederkehr Abstand nimmt, muß falsch
sein.’
Cristabel Pankhurst, die britische Frauenrechtlerin, schrieb
in ihrem Buch Behold He Cometh: ‘Mit meinem praktischen
politischen Auge sah ich, daß das göttliche
Programm (die Wiederkehr Christi) das einzige ist, durch
das die internationalen, gesellschaftlichen, politischen
und anderen Probleme der Welt gelöst werden können.’
Ich
erfuhr, daß diese Debatte seit Jahrhunderten geführt
worden war und daß der Weltkirchenrat nur einen
weiteren Beweis für die Uneinigkeit erbracht hatte.
Viele Bekenntnisse nahmen an diesem Treffen des Weltrates
überhaupt nicht teil.
Es
war eine weit verbreitete Ansicht, daß Christus
nicht eine tatsächliche, sondern eine symbolische
Wiederkehr meinte, als Er von Seiner eigenen Wiederkehr
oder von Einem, der nach Ihm kommen werde, sprach. Diese
Theorie behauptete, daß der Tröster, der Geist
der Wahrheit, der Eine, der in Seinem Namen kommen werde,
daß alle diese Worte sich auf den Heiligen Geist
bezögen, welcher zu Pfingsten auf die Kirche herabkam;
deshalb, so sagten sie, wäre die Wiederkehr zu jener
Zeit vollzogen worden. Sie wäre vorbei und erledigt.
Bei
meiner Suche fand ich, daß diese sonderbare Lehre,
nach der Christus im Heiligen Geist zu Pfingsten zurückgekehrt
sei, mehr zweckbedingt als wunschgemäß war.
Sie war lange nach der Zeit Jesu entwickelt worden. Als
Er nicht, wie erwartet, wiederkam, mußte eine Erklärung
her für Sein Ausbleiben. Da Christi Worte wahre Worte
waren, so mußte Seine Wiederkehr symbolisch zu verstehen
sein.
Aber
der Glaube an die Wiederkehr Christi hörte nicht
kurz nach Seiner Kreuzigung auf, um erst 1844 wieder aufzuleben.
Keineswegs. In der Tat wurde die christliche Welt durch
die Jahrhunderte hindurch in bezug auf die ‘Tage
der Erwartung’ so oft enttäuscht, daß
nach dem siebzehnten Jahrhundert nur noch wenig aufrichtiger
Glaube an die Wiederkehr vorhanden war, bis die Menschenherzen
am Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erneut von dieser
Vision erfüllt wurden. Daraufhin wurden drastische
Maßnahmen ergriffen, um solche ‘eitlen Hoffnungen’
zu zerstreuen, und die Pfingsttheorie wurde als Gegenthese
aufgestellt.
Diejenigen,
die in der Pfingsttheorie von der Wiederkehr die einzig
mögliche Antwort auf das Rätsel sahen, glaubten
aufrichtig, daß Christus - obwohl Er verschiedentlich
Worte gebraucht hatte wie ‘der Tröster’
oder ‘der Geist der Wahrheit’, der nur das,
‘was er hören wird’ reden werde - dennoch
auf das symbolische Kommen des Heiligen Geistes an Pfingsten
hingewiesen habe.
Dies
rief natürlich eine Flut von Widersprüchen hervor.
Es wurde betont, daß nach dieser Theorie der Heilige
Geist die Menschen ‘in alle Wahrheit’ hätte
leiten müssen, wenn er im ‘Geist der Wahrheit’
gekommen wäre, während in Wirklichkeit die Kirche
seit jener Zeit in Hunderte und Aberhunderte von Sekten
gespalten und zersplittert war, deren jede den rechten
Pfad für sich beanspruchte und doch jede ihren eigenen
Weg ging.
William
B. Riley schreibt in seinem Buch Is Christ Coming Again?:
‘Von der Wiederkehr des Herrn als einer bloßen
Redewendung ohne buchstäbliche Erfüllung zu
sprechen, ist kaum weniger frevelhaft, als die Inspiration
gänzlich in Abrede zu stellen.’ Er fügt
hinzu: ‘Wenn die klaren Hinweise auf die Wiederkehr
des Herrn nicht Sein persönliches Kommen einschließen,
hat die Sprache ihre Bedeutung verloren.’
Bei
einem durch so viele Jahrhunderte hindurch andauernden
und so hitzigen Streit über das zweite Kommen Christi
zwischen den Christen selbst beschloß ich, eigene
Nachforschungen in den Schriften anzustellen.
Ich
wollte über diesen Punkt mit mir selbst einig werden
und dann entweder mit meiner Suche fortfahren oder sie
aufgeben. Es würde davon abhängen, was ich fände.
Ehe ich nicht die Wahrheit wußte, war ich nicht
willens zuzugeben, daß keine Antwort auf diese uralte
Frage vom Fall des nicht erschienenen Tausendjährigen
Reiches gefunden werden könne.
Es
war mir klar: Selbst wenn Christus in der Zeit um 1844
wiedergekehrt war, ist nicht zu erwarten, daß die
Kunde davon schon allgemein verbreitet sei, ebensowenig,
wie dies hundert Jahre nach Seinem ersten Kommen der Fall
war. Wenn ein Jahrhundert nach der Kreuzigung ein Weltrat
der Juden stattgefunden hätte, dann wäre ihm
die geschichtliche Tatsache vom ersten Kommen ebenso unbekannt
geblieben.
Ich
beschloß, mich nicht von diesen widerstreitenden
Ansichten beeinflussen zu lassen, ehe ich persönlich
in den Verheißungen Christi über Seine Wiederkehr
geforscht hatte. Entweder hatte Er versprochen zurückzukehren
oder nicht. Ich war entschlossen, herauszufinden, was
wirklich geschehen war."
Der
Artikel war ein Auszug aus "Dieb in der Nacht"
von William Sears.
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